Letzte Aktualisierung 4. November 2023
Kreativität ist wie ein Muskel. Darum solltest Du sie genau so trainieren wie Deinen Körper. Dazu gehören ein ordentliches Aufwärmtraining und möglichst viele aber eher kurze Trainingseinheiten über die Woche. Wie beim Sport bringt Dich Täglich-ein-bisschen weiter als Einmal-die-Woche-viel.
Inhalt
Aber ich bin doch gar nicht kreativ!
Doch, bist Du! Glaub es mir!
Kreativität bedeutet nicht, dass Du notwendigerweise bis zu den Ellenbogen in Fingerfarben baden sollst!
Es gibt viele Formen der Kreativität.
- Wenn Du Dein Angebot konzipierst – bist Du kreativ!
- Wenn Du Dir ein Preiskonzept für Dein Angebot überlegst – bist Du kreativ!
- Wenn Du Verkaufsargumente sammelst – bist Du kreativ!
Und natürlich sind auch die Erstellung einer Newsletter-Sequenz, eines Sales-Funnels oder eines Online-Kurses kreative Tätigkeiten.
Ich stelle aber immer wieder fest, dass viele meiner Kunden gern "kreativer" wären – Sie suchen verzweifelt nach "originellen" Ideen und sind immer wieder bass erstaunt, dass ich oft schon direkt im Beratungsgespräch "kreative" Ideen im Dutzend raushaue.
Wie ist das möglich?
Zuviel und zuwenig helfen gleichermaßen
Was paradox klingt, ist im kreativen Prozess wichtig und unabdingbar.
Zuviel bedeutet, dass ich regelmäßig meine kreativen Speicher fülle. Darüber habe ich in einem anderen Blogartikel in dieser Reihe bereits ausführlich geschrieben. Ich sorge also für Fülle und säe regelmäßig neuen Input, um später davon ernten zu können.
Zu wenig bedeutet, dass Beschränkungen im kreativen Prozess sehr hilfreich sein können. Wenn ich nur einen Hammer habe, aber etwas malen will, muss ich mir überlegen, wie ich das mit diesem Werkzeug schaffen kann. Das Bild wird ganz anders aussehen, als wenn ich einen Pinsel zur Verfügung gehabt hätte – und das Ergebnis wird neu und einzigartig sein.
Die Beschränkung im Beratungsprozess bedeutet, dass ich gar nicht alle Parameter kennen kann und auf das angewiesen bin, was die Kundin oder der Kunde mir mitgeteilt haben. Somit blicke ich auf viele Probleme viel fokussierter als meine Kunden und werde nicht von zu vielen Optionen abgelenkt.
Ein kreatives Leben führt auch zu kreativen Lösungen im Business
Ich bin der Überzeugung, dass es Dir leichter fällt, auch in Deiner Selbstständigkeit und vor allem in Deinem Marketing kreativer zu sein, wenn Du mehr Kreativität in Deinen Alltag lässt.
Dabei sollen Dir dieser Artikel und mein Geschenk, das Du am Ende bestellen kannst, helfen.
In diesem Artikel stelle ich Dir jeweils drei Möglichkeiten vor, Deine visuelle, Deine sprachliche und Deine konzeptionelle Kreativität zu schulen. Warum das sinnvoll ist? Damit Du auf Lösungen abseits des Mainstreams kommst und Dein Marketing so einzigartig und zu Dir persönlich passend wird, wie irgendwie möglich.
Drei Workouts für Deine visuelle Kreativität
Konturzeichnen
Wie oft höre ich: "Ich würde auch gern zeichnen können. Aber ich kann ja nicht mal eine gerade Linie ziehen."
Meine Antwort darauf: "Das musst Du gar nicht. Du musst vor allem sehen lernen!"
Warum sind die meisten Zeichnungen von ungeübten Erwachsenen so enttäuschend? Weil sie nicht zeichnen, was sie sehen, sondern zeichnen, was sie wissen. Unser Gehirn ist aber ziemlich schlampig und faul, was das aktive visuelle Vokabular betrifft. Ähnlich wie beim Sprachenlernen ist hier unser passiver Wortschatz sehr viel umfangreicher und detaillierter als unser aktiver.
Indem wir Dinge so zeichnen, wie unser Gehirn glaubt, dass sie ausreichend dargestellt sind, sehen sie meist ziemlich … naja, stümperhaft aus.
Darum ist Konturzeichnen so eine wundervolle Übung. Wir tricksen unser Gehirn aus, indem wir nicht sagen, ich zeichne jetzt eine Tasse, sondern indem wir mit den Augen der Kontur der Tasse folgen und mit der Hand diese aufs Papier bringen – ohne auf das Blatt Papier zu schauen! Natürlich wird das krumm und schief. Aber das ist egal. Wichtig ist, dass Du mit dieser Übung wieder "richtiges" Hinsehen lernst und Dein Gehirn überlistest. Das will Dir nämlich weismachen, dass das genaue Abzeichnen ja viel zu lange dauert und "Hey! hier hab ich eine Abkürzung für Dich!", Dich dazu bringen will, das Bild, das Du im Kopf von einer Tasse gespeichert hast, aufs Blatt zu bringen.
Außerdem schulst Du mit dem Konturzeichnen Deine Auge-Hand-Koordination und Deine Striche werden sicherer.
Wenn Du diese Übung machst, nimm ein einfaches Kopierpapier im Querformat und am besten einen Bleistift oder Kugelschreiber. Ein Filzstift oder Füller sind nicht so gut geeignet. Setze den Stift nicht ab und bewege ihn im gleichen Tempo, wie Deine Augen den Gegenstand umrunden. Hier mal als Beispiel eine Konturzeichnung meiner linken Hand. Das Ergebnis ist alles andere als perfekt, aber genauer (und schneller) als wenn ich auf herkömmliche Weise gezeichnet hätte. Die Skizze hat keine Minute gedauert.
Diese Übung ist übrigens eine wundervolle Übung, um Deinen Kreativitätsmuskel aufzuwärmen. Und Du kannst sie sogar ohne Papier machen: Wenn Du Wartezeiten hast, etwa an der Supermarktkasse oder im Flughafen, zeichne einfach mit den Augen die Konturen der Dinge in Deinem Blickfeld nach.
Mach Fotos
Irgendeine Kamera hast sicher auch Du – und wenn es "nur" die in Deinem Smartphone ist. Kreiere Deine eigenen Wochen- oder Monats‑, vielleicht sogar Jahres-Challenges, indem Du täglich ein Foto zu einem bestimmten selbstgewählten Thema schießt. Je länger die Challenge, desto herausfordernder, immer wieder neue Interpretationen des Themas zu finden. Themen können beispielsweise sein:
- eine Farbe, also jedes Bild muss beispielsweise ein rotes Element enthalten,
- einen Gegenstand – zum Beispiel ein Spielzeug oder auch eine Tasse mit Deinem Logo, die Du immer neu inszenierst,
- eine geometrische Form – zum Beispiel muss immer etwas Rundes formatfüllend fotografiert sein.
Durch die Beschränkung auf ein Thema dieser Art wirst Du gezwungen, immer wieder neue Ideen zu generieren und mit offenen Augen durch den Alltag zu gehen.
Illustriere Deine Notizen mit Sketchnotes
Indem Du Dich zwingst, möglichst viele Informationen Deiner Notizen zu visualisieren trainierst Du Dein visuelles Vokabular und Deine Zeichenkünste zugleich. Mehr über Sketchnotes habe ich in diesem Artikel geschrieben – und kürze das Thema darum hier einfach ab.
Drei Workouts für Deine sprachliche Kreativität
Brainwriting oder Morningpages
Die Morningpages sind durch Julia Cameron bekannt geworden, die darüber in ihrem Buch The Artist's Way / Der Weg des Künstlers ausführlich schreibt. Die Idee ist, dass Du morgens, unmittelbar nach dem Aufwachen drei Seiten mit der Hand beschreibst und dabei nicht absetzt und darüber nachdenkst, was Du schreiben willst, sondern einfach nur aufs Papier bringst, was Dir durch den Kopf geht. Dann weglegen und den Tag beginnen. Die Morningpages sind so eine Art "Braindump", also ein Ablageplatz für alles, was Dich bewegt, Dir Sorgen bereitet oder auch Dich freut. Sie sind nicht dafür gedacht, Deinen Tag zu planen (obwohl das manchmal auch passiert) oder als literarische Ergüsse die Nachwelt zu erfreuen. Sie sind eine gute Übung, um sprachlich zu Deiner Schreibstimme zu kommen und entlasten auch das Gehirn, denn was Du aufschreibst, kann ja nicht mehr vergessen werden – damit machst Du Dir buchstäblich den Kopf freier.
Die Morningpages sind damit eine spezielle Form des Brainwritings. Wann immer Du ein Thema oder ein Problem hast, kannst Du es anwenden. Schreib einfach mal runter, was Dich daran genau ärgert, wenn Du ein Produkt erstellt hast und es nicht so angenommen wird, wie Du es Dir wünschst. Setze Dir ein zeitliches Ziel (mindestens 15 Minuten) oder eine bestimmte Anzahl an Seiten, die Du füllen willst, bevor Du aufhörst. Auf diese Weise stellst Du sicher, dass Du auch noch den letzten klitzekleinen Gedanken aufs Papier bringt – und genau der mag die Lösung für Dein Problem darstellen, ohne Dich aber zu zwingen, danach zu forschen, würdest Du ihn aber nicht finden.
Wortkettenspiel
Das Wortkettenspiel ist eine wunderschöne Übung, um auf ganz neue Aspekte zu einem Thema zu kommen. Ich bin immer wieder erstaunt, wohin mich mein Gehirn führt, wenn ich es spiele. Füge beim Wortkettenspiel einfach ein Substantiv ans nächste – wobei schon ein Bezug zwischen beiden Worten bestehen sollte. Mein Beispiel zeigt Dir, wie das aussehen kann:
Buchstaben-Assoziationen
Schreibe die Buchstaben eines Worts zu Deinem Problemthema untereinander und finde zu jedem Buchstaben ein Wort, das mit Deinem Thema zu tun hat. Schau, was Dir dazu einfällt. Du musst nicht von oben nach unten arbeiten:
B – Beitragslänge
L – Lockere Schreibe
O – Organisation
G – Google (= SEO)
A – Audioversion (Podcast)
R – Regelmäßigkeit
T – Themenplan
I – Ideensammlung
K – Kostenpflichtig
E – Einzigartikeit
L – Leserschaft
So kommst Du auf Ideen, an die Du im Normalfall nicht gedacht hättest. Eine Idee, die mir oben als neu gekomme ist, sind beispielsweise kostenpflichtige Artikel anzubieten. Das könnte ein interessantes und neues Produkt sein – oder auch nicht.
Drei Workouts für Deine konzeptionelle Kreativität
Mindmaps
Insbesondere, wenn Du noch nie mit Mindmaps gearbeitet hast, wirst Du überrascht sein, wie leicht es mit ihnen fällt, neue Konzepte zu erarbeiten. Durch die freie Form, vor allem, wenn Du auf einem Blatt Papier und nicht in einer App arbeitest, fällt es leicht, Nebengedanken zu integrieren, die Du beim Schreiben einer Liste gar nicht notiert hättest, weil Du einfach nicht wusstest, wo Du diesen Punkt hättest einfügen können. Über Mindmaps zum Planen und Strukturieren Deiner Blogartikel habe ich auch schon etwas geschrieben.
Das Gedankennetz
Diese Übung ist toll, wenn Du mit Dir selbst ein Brainstorming durchführst oder einem verborgenen Muster auf die Spur kommen willst. Angeregt durch die "Murder Boards" in amerikanischen Krimis habe ich für mich folgende Methode entwickelt:
Ich nehme dafür gern einen Block mit Haftnotizen und ein Whiteboard. Wenn ich ein neues Konzept erstellen will, schreibe ich jeden einzelnen Gedanken dazu auf einen PostIt-Zettel. Die Zettel klebe ich willkürlich auf das Whiteboard. Auch hier setze ich mir ein Ziel, zum Beispiel so viele Ideen, wie der Block noch Zettel hat. Oder mindestens 20 Zettel. Oder mindestens 20 Minuten Ideen sammeln, bevor ich aufgebe. Ist die Vorgabe erreicht, schau ich mir alle Zettel an und versuche sie zu gruppieren. Was gehört zusammen, welche Gedanken sind ähnlich, welche Ideen hängen vielleicht sequentiell zusammen? Dann hänge ich die Zettel entsprechend um und umkreise sie mit einem Whiteboard-Marker, stelle mit Linien und Pfeilen Bezüge her. Das macht Spaß und lässt sehr schnell ein Konzept entstehen.
Morphologischer Kasten
Einen morphologischen Kasten kannst Du immer dann einsetzen, wenn Du etwas völlig Neues und Einzigartiges erschaffen möchtest. Spiele hier auch völlig abwegig erscheinende Kombinationen durch, denn genau die sind es, die die wirklich spannenden Lösungen bieten können.
Wichtig, nicht alle entstehenden Felder müssen komplett gefüllt sein.
So könnte ein morphologischer Kasten für einen Lieferservice aussehen:
Mögliche Kombinationen wären also beispielsweise:
- Afrikanische Menüs für Einkommensmillionäre, die per Hubschrauber ausgeliefert werden und dementsprechend unverschämt teuer sind.
- Skandinavisches Fingerfood für Büroangestellte, das per Taxi ausgeliefert wird und im mittleren Preissegment liegt.
- Cross Over Hauptgerichte für aufgeschlossene Senioren, die zu hohem Preis über einen Kurierdienst ausgeliefert werden.
Ob diese Angebote marktfähig sind, muss dann natürlich gesondert geprüft werden – aber ohne den morphologischen Kasten wäre ich nie auf solche Ideen gekommen.
Mach Dir einfach mal den Spaß, Dir darüber neue Kombinationen für was auch immer auszudenken. So kannst Du neue Online-Kurs-Ideen, Ideen für Challenges oder auch neue Dienstleistungen ebenso entwickeln wie Ideen für Romane oder eine Fotoserie.
Fazit
Es gibt unendliche Möglichkeiten, Deinen Kreativitätsmuskel zu trainieren!
Nimm Dir am besten täglich ein wenig Zeit dafür, oft reichen wenige Minuten bis zu einer halben Stunde, um über einen längeren Zeitraum wirklich viel zu schaffen.
Dieser Artikel ist Teil meiner Serie zum Thema Kreativität im Marketing. Die anderen bisher erschienenen Artikel sind:
1) Kreativität und Marketing für Solopreneurinnen
2) Ideenfindung für Dein Marketing — Kreativitätstechniken
3) Von Hamstern, Eichhörnchen und Vorratskammern: Deine Ideenspeicher
4) Sketchnotes Anleitung und Tipps zum Einsatz für Dein Selbstmarketing
5) Die Basis Deiner Kreativität: Dein vegetatives Nervensystem
6) Wie Du mit einem Laborbuch kreativer wirst
Ein Beitrag erscheint noch, dann ist die Serie abgeschlossen.
Wie haben Dir dieser Beitrag und die Serie bis jetzt gefallen? Schreib mir gerne einen Kommentar! Ich freue mich darauf!
Liebe Birgit,
ein toller Artikel! Ich liebe Kreativitätstechniken und nutze einige der hier beschriebenen auch für meine eigene Arbeit bzw. die Arbeit mit meinen Klienten. Meine persönlichen Favoriten sind das Brainwriting und die Mind-Maps, gerne auch in Kombination. Das Wortkettenspiel werde ich demnächst mal ausprobieren, danke für den Tipp <3
Liebe Grüße
Carina
Vielen lieben Dank für Deinen Kommentar, Carina! Das Wortkettenspiel ist irre, besonders, wenn man sich nicht bereits nach den ersten zehn Wörtern oder so zurücklehnt, sondern schaut, was das Unterbewusstsein da ausgräbt und wohin einen die Reise führt.
Zauberhafte Grüße
Birgit
Liebe Birgit,
deine Kreativitätstipps sind großartig, ich bin auf die Challenge sehr gespannt.
Danke für soviel wertvollen Input und das 'Trainingsangebot'!
Liebe Nicole, ich freue mich sehr, dass sie so gut bei Dir ankommen. Viel Spaß bei der "Challenge".
Beste Grüße
Birgit
Hallo Birgit!
Eine wirklich eindrucksvolle Sammlung, die jeden Typ abbildet! Denn das ist, aus meiner Erfahrung heraus, wirklich wichtig: Jede Gruppe und ihre Mitglieder ist anders und wir sollten mutig sein verschiedene Techniken aus zu probieren!
Liebe Grüße
Martina
Hallo Martina,
genau! Und besonders spannend ist es, wenn man mal das Ungewohnte tut. So sind auch meine 30 Aufgaben aufgebaut – es ist für jeden was dabei, was er oder sie gut kann, aber auch, was eine echte Herausforderung darstellt.
Herzlichen Dank für Deinen Kommentar!
Beste Grüße
Birgit
Aha, "Murder Boards" als Anregung. Ich lese gerne sozialkritische Krimis. Super, dass du daraus eine Kreativitätstechnik entnehmen konntest. Auch die anderen Techniken finde ich klasse und bin auf noch mehr gespannt und melde mich daher für dein Kreativitätsworkout ein. Freue mich schon Liebe Grüße, Beatrix
Hallo Beatrix,
spannend, nicht, wie unser Gehirn so arbeitet?! Ich freue mich, dass Du mitmachst. Feedback ist immer willkommen!
Herzliche Grüße
Birgit
So genial Oberklasse, liebe Birgit.
Den morphologischen Kasten kannte ich noch nicht! Wie inspirierend ist das denn! Vielen Dank für so viele tollen Anleitungen zum Trainieren des kreativen Muskels. Ich liebe solche Tätigkeiten.
Ganz liebe Grüße aus dem Allgäu
Margaretha
Vielen lieben Dank, Margaretha! Wenn ich Dich inspirieren konnte, habe ich mein Ziel erreicht. Viel Spaß beim "Muskeltraining"!
✨ Zauberhafte Grüße
Birgit