Letzte Aktualisierung 26. Mai 2023
Wir oder ich?
Ob Solopreneurin oder Einzelunternehmer – nicht nur auf der "Über mich"-Seite stellt sich die Frage, wie Du am besten über Dein Unternehmen redest. Sagst Du "wir" oder "ich"? Meine Empfehlung lautet eindeutig "ich". Warum das so ist, erfährst Du in diesem Beitrag.
Inhalt
Bist Du Dein Unternehmen?
Wie Du über Dein Unternehmen sprichst, zeigt, wie Du dazu stehst. Liebst und lebst Du was Du tust, dann fällt die Entscheidung sicherlich leicht und Du entscheidest Dich für "ich". Insbesondere dann, wenn Du Dich bereits entschieden hast, als Solopreneurin, das heißt, Du allein und ohne Mitarbeiter oder Team, Deine Fähigkeiten in den Dienst anderer Menschen zu stellen.
Wenn Deine Pläne aber so aussehen, ein Unternehmen aufzubauen, in dem viele Mitarbeiter ihren Teil zum Ganzen beitragen, so wird es Dir auch in der Anfangsphase, während Du tatsächlich noch alles alleine machst, schwerfallen, von "ich" zu reden. An dieser Stelle ist das "wir" dann auch tatsächlich angebracht, denn schließlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis aus dem "ich" tatsächlich ein "wir" wird.
Die Verwendung für eines dieser beiden kleinen Wörtchen hat größere Auswirkungen, als Du vielleicht denkst. Einerseits in der Art der Kunden, die Du anziehst. Andererseits aber auch, wie Du Dein Unternehmen selbst siehst, es ausbaust und vermarktest.
So beobachte ich, dass Unternehmerinnen, die zwar allein ihr Business führen und von "wir" sprechen, mit einer gewissen Distanz zu ihrem eigenen Projekt auftreten. Über die vielen Jahre, in denen ich nun auch Existenzgründerinnen und Existenzgründer begleitet habe, gaben die am schnellsten auf, die – obwohl allein – von "wir" sprachen.
Letztlich ist es wohl die Einstellung, die dann dazu führt, dass nur "im" eigenen Unternehmen gearbeitet wird (exakt so, wie ein angestellter Mitarbeiter) und nicht "am" und "mit" dem eigenen Unternehmen.
Wir oder ich? – Größe lockt
Natürlich ist es verlockend, sich größer und damit scheinbar erfolgreicher zu machen, als man tatsächlich ist. Das ist ein nachvollziehbarer Impuls, schließlich wissen wir alle, dass Erfolg Erfolg anzieht. Aber ist das wirklich so – oder ein Trugschluss?
Wie würdest Du als Kunde reagieren, wenn Du Dich für eine PR-Beratung entschieden hast, die auf ihrer Website auftritt, als ob sie einen ganzen Pulk von Spezialisten beschäftigt und Du bei dem Versuch, diese telefonisch zu erreichen, immer nur auf dem AB landest? Wo ist denn die Dame am Empfang die ganze Zeit? Warum sprichst Du immer nur mit der Geschäftsführung? Und warum schickt Dir die Geschäftsführung immer persönlich die Texte zur Freigabe per E‑Mail? Spätestens jetzt wird Dir klar, die PR-Beratung besteht aus einer einzigen Person. Und unabhängig von der Qualität der Leistung – das Vertrauensverhältnis ist gestört. Wer weiß, was da noch alles nicht stimmt?
Ihre Majestät lässt bitten …
Gerade auch, wenn ich die Unternehmerin, die von ihrem Unternehmen immer im "wir" spricht vielleicht sogar persönlich kenne (beispielsweise über ein Unternehmensnetzwerk) , wirkt das "wir" auf mich immer wie der Majestätsplural. Nun bin ich zwar auch ein Freund des Spruchs "Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitermachen!", dennoch wirken solche Formulierungen immer sehr befremdlich auf mich.
Asterix und die Trabantenstadt
Auch nicht viel besser als der Majestätsplural ist das unpersönliche Reden über sich selbst in der dritten Person. Das ist besonders beliebt auf Websites (speziell den Über mich Seiten), aber auch in Flyern oder Broschüren.
Kennst Du den Comic Asterix und die Trabantenstadt? Da gibt es eine Stelle, die liebe ich seit Jahrzehnten: Es gibt dort eine Szene, in der ein Römer mit Julius Cäsar spricht. Der Dialog geht in meiner Erinnerung etwa so:
Römer: "Er ist großartig"
Cäsar: "Wer?"
Römer: "Na, Ihr!"
Cäsar: "Ach er!"
Diese Szene bringt die ganze Absurdität, in dieser Art über sich selbst zu sprechen, auf den Punkt.
Aber halt! wirst Du jetzt als aufmerksame Leserin sagen. Das machst Du doch auch. Ja, es gibt eine einzige Stelle, wo ich das für sinnvoll erachte und auch genau so umsetze: In der sogenannten Autoren-Box am Ende eines Blogartikels. Ich habe mich darum dafür entschieden, damit bei Gastblog-Beiträgen auf dieser Site eine einheitliche Art der Beschreibung des jeweiligen Bloggers umgesetzt werden kann. An allen anderen Stellen wirst Du sehen, dass ich von mir immer nur in der "Ich-Form" spreche.
Darf die das?
Als ich mich 2003 selbstständig gemacht habe, war ich schon einige Jahre als Marketing-Leiterin tätig – und auch, wenn ich anfangs nicht persönlich haftbar war für Rechtsfehler, so haben doch die letzten Monate, in denen ich auch Prokuristin war, meinen Sinn für das Thema "Marketing und Recht" noch weiter geschärft. Und ohne jetzt hier eine Rechtsbelehrung vorzunehmen (das kann und darf ich ja gar nicht) – verweise ich in der Frage ob "wir" oder "ich" für Einzelunternehmerinnen angebracht ist, auch auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Nach meinem Kenntnisstand ist es bislang noch nicht geahndet oder abgemahnt worden, wenn eine Unternehmerin von ihrem Einzelunternehmen im Plural spricht. Aber es verstößt dennoch gegen den §5 UWG, der irreführende geschäftliche Handlungen untersagt. Den genauen Wortlaut kannst Du unter der Verlinkung nachlesen.
Wir oder ich? Authentizität schlägt Größe
Menschen bauen Vertrauen zu Personen auf, nicht zu Firmen oder Institutionen. Oder nur sehr, sehr mühsam – ich vertraue zum Beispiel Amazon in der Hinsicht, dass ich dort zuverlässig beliefert werde und problemlos etwas zurück schicken kann. Das hat mir dieser Online-Handel in vielen Jahren, in denen ich dort Kunde bin, immer wieder bewiesen. Aber auch Amazon hat verstanden, wie wichtig es für die Kunden ist, auch mal einen menschlichen Ansprechpartner zu haben – der Rückruf-Service, wenn man Hilfe braucht, ist inzwischen vorbildlich. In der Anfangszeit gab es den aber nicht und es war unmöglich, bei Amazon einen Anruf zu machen.
Darum also mein Fazit zu der Frage, ob "ich" oder "wir" für Solopreneurinnen angemessen ist: Lass einfach die Finger vom "wir", auch wenn das für Dich anfangs "natürlicher" klingt. Spätestens im Impressum fällt der ganze Schwindel nämlich auf. Wenn Du sympathisch und authentisch auftreten willst, ist das "Ich" immer die Person Deiner Wahl.
Wie hast Du das Thema "Wir oder ich?" für Dich gelöst? Schreib es mir gern in die Kommentare!
Vielen Dank, genau das bestätigt mein Gefühl. Liebe Grüße
Liebe Birgit,
Danke für diese gelungene Erklärung.
Schon vor meiner Selbständigkeit fühlte ich mich immer etwas "veräppelt" wenn ein Solounternehmer von "wir" sprach. Oft war die Begründung genau die, dass man davon ausging, der Kunde möchte keine Ein-Mann/-Frau-Show, damit immer irgend ein Ansprechpartner greifbar ist…
Deshalb etwas vorgaukeln was nicht ist? Kein guter Stil.
Liebe Grüße,
Anita
Liebe Anita, genau! Und was ist, wenn man dann mal nicht greifbar ist? Spätestens dann fühlt sich der Kunde doch wie in einem potemkinschen Dorf.
Zauberhafte Grüße
Birgit
Guter Artikel. Genau so handhabe ich das auch. Ich bin stolz darauf, eigenständig gute Arbeit für meine Kunden leisten zu können. Warum sollte ich meinen Website-Besuchern eine Bürogemeinschaft vorgaukeln, die ich gar nicht sein möchte?
Hallo Marianne,
da sprichst Du einen wichtigen Aspekt an: Genau so geht es mir auch. Ich bin stolz auf das, was ich schaffe – und wenn ich etwas mit Partnern oder einem Netzwerk geschafft habe, sage ich das auch. Aber das bringt mich nicht dazu, dauernd von "wir" zu reden.
Beste Grüße
Birgit
So oft schon habe ich mir das überlegt! Danke für diese eindeutige Aufklärung! Werde mich in Zukunft daran halten!!
Gern! 🙂
Liebe Birgit,
du sprichst mir aus dem Herzen. Ich finde es auch sehr komisch, wenn EinzelunternehmerInnen im Plural von sich schreiben und wähel deshalb das "Ich".
Interessant finde ich deine Beobachtung, wer durchhält und wer nicht
Herzliche Grüße
Maren
Liebe Maren,
vielen Dank für Deinen Kommentar – wichtig ist halt, dass es authentisch rüber kommt!
Beste Grüße
Birgit
Hallo Birgit, vielen Dank für diesen Beitrag der mir während des Relaunch eine wertvolle Hilfe war. LG Tina
Hallo Tina,
ich habe zu danken! Für Deine Empfehlung und Dein perfektes Networking! Viel Erfolg weiterhin!
Beste Grüße
Birgit
Vielen Dank für den Beitrag! Allgemein rede ich auf meiner Webseite auch von "mir" statt "uns". Aber bei Rechtstexten wie der Datenschutzerklärung oder den AGB's fühlt sich das sehr komisch an. Außerdem sind alle Muster und Vorlagen, die man im Internet findet, immer in der Wir-Form geschrieben (wir, unser Unternehmen, …) und es klingt für mich seltsam, die Sätze in die Ich-Form umzuformulieren. Ich habe dann statt "unser Unternehmen" oft einfach den Namen meines Unternehmens eingesetzt. Aber irgendwie klingt das immer noch komisch. Deshalb habe ich mich gefragt, ob die Wir-Form dort nicht sogar besser ist, da schließlich am Betrieb der Webseite (z.B. Hosting), Newsletterversand, Zahlungsabwicklung etc. ja sowieso andere Unternehmen beteiligt sind. Die sind ja gewissermaßen ein virtuelles Team, mit dem ich zusammenarbeite. Was meinst du?
Viele Grüße,
Nicole
Hallo Nicole,
vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Frage. Ich habe auch die Rechtstexte auf "ich" umformuliert, denn verantwortlich als Einzelunternehmerin bin ich allein. Da auch das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) "Wahrheit und Klarheit" in der Außenkommunikation fordert (man darf sich nicht größer erscheinen lassen, als man ist), habe ich mich dazu entschieden. Letztlich ist es Deine unternehmerische Entscheidung, wie Du hier handelst.
Zauberhafte Grüße
Birgit
Liebe Birgit,
mit Deinem Beitrag triffst Du m.E. den Nagel auf den Kopf. Authentizität schlägt Größe! So sehe ich das auch und habe mich schon oft gefragt, warum so viele Einzelselbständige sich größer machen als sie sind.
Wozu? Ist es nicht gerade das Abgrenzungsmerkmal des Einzelunternehmers/der Einzelunternehmerin gegenüber größeren Unternehmen, dass es hier immer die "Chefbehandlung" gibt? Keine Auftragsakquise, um es dann den Praktikanten machen zu lassen…?!
Ich habe mich von Anfang an dazu entschlossen, das "ich" in der Ansprache als Vorteil zu kommunizieren. Wer mit mir (anstatt "uns" ;-)) ) arbeitet, bekommt, was ich auch zeige im Netz: Mich. Kein Bündel an Fake-Mitarbeitern oder fleißigen Arbeitsbienen – auch keine Roboter im 24/7‑Modus im Hintergrund. Und das ist meiner Ansicht nach in Zeiten, in denen Sichtbarkeit immer stärker an Vertrauen und Zuverlässigkeit geknüpft ist – auch beim Netzwerken, wichtiger denn je.
Danke für deinen Beitrag. Der ist zeitlos aktuell.
Viele Grüße aus dem Rheinland,
Martina
Herzlichen Dank, liebe Martina!
Was ist, wenn das Einzelunternehmen wächst? Dann ist plötzlich alles umgekehrt, und die Leute denken "die redet immer nur von sich, als ob ihre Mitarbeiterin gar nichts gilt"… Muss dann sofort alles umformuliert werden?
Hallo Andreas,
das ist eine berechtigte Frage. Mein Geschäftsmodell und das meiner Zielgruppe sieht keine fest angestellten Mitarbeiter vor. Mit virtuellen Assistenten und Teilzeitkräften würde ich ebenfalls nicht von "wir" auf der Website sprechen, aber an geeigneter Stelle mein Team erwähnen.
Und ja, ich würde im Falle des Falles dann lieber alles umformulieren.
Beste Grüße
Birgit
Danke für Ihren Artikel. Das ermutigt mich mit mehr Selbstvertrauen an die Sache heranzugehen!
Liebe Grüße
Ich bin Einzelunternehmer ohne Angestellte, arbeite aber mit einem Netzwerk mehrerer Dienstleistern zusammen die mit mir Aufträge ausführen. Daher sage ich bei dem Email Verkehr immer wir. Vielleicht ist das nicht die richtige Ausdrucksweise aber da vielleicht auch jemand anderes zu meinen Kunden fährt und dort Technische arbeiten erfolgen finde ich das legitim. Schöne Grüße Oliver
Hallo Oliver,
in Deinem Fall passt das dann schon – denn wenn auch andere als Du beim Kunden in Erscheinung treten (können), würde das "ich" in diesem Fall ja verwirren.
✨ Zauberhafte Grüße
Birgit
Am Anfang war es schwierig aber nach einem Jahr habe ich mich klar für das ICH entschieden!
Sehr cool, Uwe. Was hat Dich letztlich überzeugt?
Herzliche Grüße
Birgit